Obdachlosigkeit & Armut mitten unter uns

GULLIVER Reportage

Es ist früh am Morgen. Es hat geregnet. P. Anfang 50, schlägt den Schlafsack beiseite, irgendwie ist alles klamm. Der Boden ist uneben, seine Iso-Matte ist nicht die Beste. Die Knochen tun ihm weh. Drei dichte Büsche in der Nähe vom Kölner Zoo. Es ist noch ruhig. Er schaut aufs Handy. 5:25 Uhr, Zeit aufzustehen und das grüne Plätzchen zu räumen. Auf keinen Fall auffallen. Die paar Sachen packen, die Wasserflasche ist leer, die er sich abends im Gulliver noch schnell abgefüllt hat.

Den neuen Pulli aus der GULLIVER-Kleiderkammer erinnert ihn an seine Frau.

Er denkt oft an sie und die Kinder. Aber es gibt keinen Kontakt.

Der Rucksack, sein treuer Begleiter, hat schon etliche Jahre auf dem Buckel. So wie er, seit 3 Jahren Jahren ist er nun auf Platte. Ein paar Jobs, erst in Österreich, dann in Bayern und jetzt in Köln, Rumänien ist weit weg. Die letzte Baustelle bei Düsseldorf, wo sie mit Kumpels aus Rumänien und Bulgarien in Containern hausten, ist abgeschlossen. Er läuft den Rhein entlang und wartet am Hauptbahnhof unter einer Bushaltestelle. Es nieselt.
Dennoch ist er ganz zufrieden mit der Vorstellung, ab 8 Uhr im GULLIVER unter die Dusche zu können. Etwas Geld hat er noch. 60 Euro. Er macht sich frisch, zur Zeit hat er ein Schließfach im GULLIVER. Dort sind noch ein paar Sachen, die er braucht, auch einige Papiere.

Im Gulliver hat M. Frühdienst.

In Berlin kloppen sie sich um Zeltplätze.

Obdachloser P.

P. freut sich, mit ihm ein paar Brocken Rumänisch zu sprechen. Beide kommen aus dem Grenzgebiet zur Bukowina – was für eine Landschaft – schwärmt er, aber keine gescheite Arbeit. Er bestellt ein Frühstück, heute zwei Eier, das braucht er. Kaffee kann er sich nachholen. Die innere Leere ist weg. Hier im Gulliver fühlt er sich ein bisschen geborgen, wie zu Hause: die Küchengeräusche, das Geschirrklappern, die anderen … meist Männer. Die meisten wirken bedrückt und schauen nach unten. Hier ist er nicht allein.

Eigentlich sucht P. Hilfe.

Ein Mäppchen mit Fotos trägt er immer bei sich, seine Mutter, sein Vater ist tot, er steht winkend im Hof in Sibiu, dort wo er zuletzt gewohnt hat und Frau und Kinder zurückließ. Alkohol und Stress, Kaputtsein von der Arbeit im Feld, kein Geld, aber billigen Wodka. Ich komme wieder, hat er gerufen, ich verdiene besseres Geld, dann bauen wir das Häuschen um.

Geld verdienen, am Bau, als Tagelöhner, egal was, aber wie rankommen an die Jobs? Er weiß, dass er einer von vielen EU-Migranten ist, aber was soll er machen.

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Schlafstatt © vuk8691 / iStock

In Berlin, so hat er gelesen, kloppen sie sich um Zeltplätze. Auf Gewalt hat er keinen Bock.

Da ist Köln schon besser, denkt er – und hofft er. Nun haust er schon ein paar Wochen in der Nähe vom Zoo. Nachts hört er die Tiere brüllen, dann verschluckt er sich an seinen Tränen. Das ist kein Zustand, denkt er.

Er will im Gulliver fragen, ob M. für ihn übersetzen kann.

Die Frage treibt ihn um. Kann er in Deutschland bleiben und wo kann er nach Arbeit fragen. Steht im Unterstützung zu?